Die Gerresheimer Bürger wünschten sich seit langem einen Brunnen für den an der alten romanischen Stiftskirche gelegenen Gerricusplatz. Anlässlich der 1100 Jahrfeier im Jahre 1970 wurde daraufhin von der Stadtverwaltung Düsseldorf ein beschränkter Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem der Entwurf zu diesem Brunnen den 1. Preis erhielt.
In 15 Reliefs will der Brunnen den Betrachter auf die reiche Geschichte des Ortes führen. Zugleich sollen 15 Köpfe an die Männer und Frauen erinnern, die maßgeblich Anteil an ihr hatten. Wichtige und entscheidende Begebenheiten, wie der Überfall auf das frühe Kanonissenstift im Jahre 919, den Bau der Stiftskirche, den Truchessischen Krieg, Zollstation und Marktleben, Glasproduktion und erste Eisenbahn, aber auch so traurige Ereignisse wie die letzte Hexenverbrennung im Jahre 1738 und der schwere Bombenangriff 1944, um nur einige zu nennen, wurden ausgesucht.

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919

Der fränkische Edelherr Gerrich gründete nach dem Tod seiner beiden Söhne auf seinem ausgedehnten Besitz ein adeliges Kanonissenstift. Die erste Abtisin dieses freiweltlichen Frauenkonvents war seine Tochter Reginbirt. Ein schwerer Schlag traf die aufblühende Gründung im Jahr 119, als durchstreifende ungarische Reiter Kirche und Wohnhaus niederbrannten.

1230

Steinmetze und Bauhandwerker beim Bau der Stiftskirche, die in der Kunstgechichte als eine der wichtigsten Baudenkmäler des Übergangsstils im Raume nördlich von Köln bezeichnet wird.

1350

Im ganzen Mittelalter sind Töchter der höchsten deutschen Adelsgeschlechter unter den Kanonissen von Gerresheim. Das Stift besaß dadurch überregionale Bedeutung. Das Relief zeigt eine Szene aus dem Leben der hochadeligen Damen etwa um das Jahr 1350.

1427

Überall im damaligen deutschen Reich hatten die kleinen und mittleren Städte nicht die finanziellen Mittel, sich zur Verteidigung der Mauern eine Söldnertruppe zu leisten. Man half sich durch die Gründung von Schützenverbänden, die diese Aufgabe neben ihrem Beruf freiwillig übernahmen. Auch in Gerresheim entstand nach dem Bau der Stadtmauer die St. Sebastianus Schützenbruderschaft.

1586

Die Wirren der Reformationszeit gingen auch an Gerresheim nicht spurlos vorüber. Als der Kölner Kurfürst Gebhard Truchsess von Waldburg als Erzbischof zum evangelischen Glauben übertrat wurde er vom Papst gebannt und vom Kaiser als abgesetzt erklärt. Da er jedoch seinen Herrschaftsbereich nicht freiwillig aufgab, kam es zu Krieg, dem sogenannten Truchsessischen Krieg von 1583 bis 1589.

1650

Für die damalige wirtschaftspolitische Bedeutung Gerresheims sprechen Urkunden der deutschen Könige Otto II., Heinrich II., und Adolf von Nassau, in denen dem Stift zugesprochen wird, Zoll zu erheben. Das Relief zeigt die Ausübung des Zollrechts um 1650.

1700

Selbstverständlich pulsierte reges Leben in der mit dem Stift von Anfang an verbundenen und ihm unterstehenden kommunalen Siedlung. Schon sehr früh besaß diese Marktrechte, die bei der Erhebung zur Freiheit im Jahre 1368 eigens erneuert wurden. Das Relief zeigt die Ausübung des Marktrechts um das Jahr 1700.

1737

Nach schweren Plünderungen und wiederholten Brandschatzungen durch die protestantischen Truppen im 30 jährigen Krieg, festigte sich in der Folgezeit der katholische Glaube. Ob aus Angst gegen das Eindringen alles Neuen oder aus religiösem Substanzverlust, unverständlich bleibt bis heute sicherlich, warum gerade in Gerresheim 1737 – 38 ein Hexenprozess zum letzten Mal in Westdeutschland noch mit einer Verbrennung enden konnte.

1820

Bis in die Zeit der Kreuzzüge geht die jährlich am Sonntag nach Fronleichnam stattfindende Gerresheimer Blutprozession zurück. Einer Überlieferung nach soll die dort verehrte Blutreliquie von einem Ritter von Eller aus dem heiligen Land mitgebracht und dem Stift Gerresheim übertragen worden sein. Bis ins 20. Jahrhundert hinein kamen alljährlich am genannten Tage Pilgerscharen von weither. Das Relief zeigt eine solche Prozession um das Jahr 1820.

1838

Die wirtschaftliche Lage Gerresheims hatte sich nach der Auflösung des Stifts 1806, nicht zuletzt auch infolge der selbstgewählten Isolierung vom Verkehr, bis zur Jahrhundertmitte soweit verschlechtert, das Gerresheim zu den ärmsten Gebieten des Regierungskreises Düsseldorf gezählt wurde. Das einst so bedeutende Gerresheim wäre zu einem zweitrangigen Dorf herabgesunken, wenn das nicht durch den Anschluss an den Verkehr und an die sich entwickelnde Industrie verhindert worden wäre. 1838 – 41 wurde die erste westdeutsche Eisenbahn von Düsseldorf nach Wuppertal gebaut, an der auch Gerresheim einen Bahnhof erhielt.

1848

Die sog. „48er Revolution“ war der im ganzen Reich auflodernde Wunsch, den Fanalen der französischen Revolution Geltung zu verschaffen. In Düsseldorf waren es Freiligrath, Lassalle und Cantador, die Freiheiten und bürgerliche Rechte einforderten. Auch in Gerresheim fand am 8. Oktober 1848 eine öffentliche Demonstration statt, an deren Spitze sich der Arzt Dr. Neunzig stellte. Dabei soll nach Polizeiberichten an einem dürren Baum die Jahreszahl 1848 angeheftet gewesen sein. Dr. Neunzig wurde nach der Niederwerfung des Aufstandes zu Zwangsarbeit und lebenslanger Polizeiaufsicht verurteilt und später durch ein Bittgesuch der Gerresheimer Bürgerschaft zu fünf Jahren Festungshaft begnadigt.

1864

Nach Ansiedlung kleinerer Industriefirmen, wie einer Drahtstift- und Nietenfabrik, wurde die innere und äußere Struktur Gerresheims erst grundlegend geändert, als 1863 – 64 Ferdinand Heye unmittelbar neben dem Gerresheimer Bahnhof eine Glashütte gründete, die Weltruf erlangte. So entstand südlich des Gerresheimer Ortskerns eine beachtliche Siedlung on Glasmachern. Das Relief zeigt Glasbläser vor einem damals modernen Ringofen.

1878

Mit dem Anwachsen der Glashütte und dem Bedarf an Fachkräften wurden viele Glasmacher aus den damals meist protestantischen Ostgebieten des alten deutschen Reiches angeworben. Damit änderte sich auch die konfessionelle Struktur Gerresheims, so dass bald mit erheblicher Unterstützung der Familie Heye für die junge evangelische Gemeinde eine Kirche gebaut wurde. Das Relief zeigt die Einweihung dieser Kirche.

1944

Wie überall im zweiten Weltkrieg, wurde auch Gerresheim von Bombenangriffen nicht verschont. Ein stollenartiger Bunker am sogenanten Gerricuspütz, in der Teile der Bevölkerung Schutz suchten, wurde schwer getroffen. Es gab viele Tote und Verwundete. Das Relief versucht mit den einfachen Mitteln der Plastik dieses schicksalhafte Geschehen des Bombenkrieges darzustellen.

1100

Die 1100 Jahrfeier Gerresheims mit ihren vielen Veranstaltungen war bemüht, die Geschichte des Ortes in vielfältiger Weise den Bürgern vorzuführen. Der Brunnen sollte die reiche und interessante Geschichte der Stadt mit einigen wichtigen und typischen Ereignissen in plastischen Bildern festhalten. Deshalb erschien es sinnvoll, das letzte Relief an die Absichten der 1100-Jahrfeier anzuknüpfen und den historischen Festzug darzustellen.

Der Künstler bei der Arbeit am Tonmodell
Die Aufstellung der Säule
Der Entwurf